Iain Pears: Das Portrait
Weil mir „Das Urteil am Kreuzweg“ und „Scipios Traum“ so gut gefielen, suchte ich in der Bibliothek nach einem weiteren Buch von Iain Pears und stieß dabei auf „Das Portrait“. Während „Das Urteil am Kreuzweg“ und „Scipios Traum“ sehr umfangreiche Werke mit über 1000 Seiten sind, umfasst „Das Portrait“ noch nicht einmal 200. Diese knapp 200 Seiten haben es jedoch in sich:
Der ganze Text besteht aus einem einzigen Monolog, den ein Künstler seinem Modell hält, während er es porträtiert. Bereits bei den ersten Worten merkt man, dass das Verhältnis zwischen dem Künstler und dem Modell äußerst angespannt ist. Nach und nach erfährt man, dass es sich bei dem Modell um einen angesehenen Kunstkritiker handelt und dass sie sich einst sehr nahe standen. Immer deutlicher spürt man jedoch auch, welche Distanz nun besteht und wie viel Hass der Künstler empfindet. Im Verlauf des Monologs erzählt der Künstler nach und nach seine Lebensgeschichte, lässt sich über das Verhältnis zwischen Kunst, Kritik und Käufern aus und erklärt dabei seinem Modell die Zusammenhänge, die zu einigen tragischen Geschehnissen vor ein paar Jahren, seinem Rückzug aus dem Kunstgewerbe und zu seinen heutigen Gefühlen führten.
Iain Pears gelingt es meisterhaft, die Spannung bis zuletzt aufrecht zu erhalten, das ganz allmähliche Kippen des Machtverhältnisses zwischen dem Künstler und dem Kunstkritiker – bzw. nun Modell – zu verfolgen und die Rache des Künstlers vorzubereiten.
Ganz nebenbei führt Iain Pears den Leser zudem in die Kunst der Jahrhundertwende ein, bietet einen literarischen Einblick in die malerischen Umbrüche dieser Zeit und umrandet das Ganze mit einer Beschreibung der damaligen Gesellschaft und ihrer Gepflogenheiten.
Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen.
Ich kann die Lektüre dieses Buches nur empfehlen.