Hans Fallada – Jeder stirbt für sich allein
Lange ist es her, dass ich einen Roman von Hans Fallada las,
und auf diesen wurde ich auch nur deshalb in der Bibliothek aufmerksam, weil mich das Titelbild – ein Ausschnitt aus dem Gemälde „Angst“ von Felix Nussbaum – stutzen ließ.
Jetzt überlege ich, ob und wem man dieses Buch empfehlen kann, denn es handelt sich ganz sicher um keine vergnügliche Lektüre, weil zutrifft, was Hans Fallada selbst in seinem Vorwort schreibt:
Mancher Leser wird finden, dass in diesem Buch reichlich viel gequält und gestorben wird. Der Verfasser gestattet sich darauf aufmerksam zu machen, daß in diesem Buch fast ausschließlich von Menschen die Rede ist, die gegen das Hitlerregime ankämpften, von ihnen und ihren Verfolgern. In diesen Kreisen wurde in den Jahren 1940-1942 und vorher und nachher ziemlich viel gestorben. […] Es hat dem Verfasser oft nicht gefallen, ein so düsteres Gemälde zu entwerfen, aber mehr Helligkeit hätte Lüge bedeutet.
[Hans Fallada: Jeder stirbt für sich allein, 3. Auflage, Berlin, Aufbau Taschenbuch Verlag 1994, S. 5]
Mehr mitgenommen als die Schilderung der offiziellen Verhöre, der in diesem Rahmen geschehenen Folterungen und der vielen billigend in Kauf genommenen Todesfälle, hat mich jedoch die Schilderung des alltäglichen Lebens mit der allgegenwärtigen Angst eines jeden vor jedem anderen aufgrund der allseits üblichen Denunziationen.
Dies gelingt Hans Fallada mit recht schlichten Worten und einfachen Satzstrukturen eindringlich zu vermitteln.
Hinzu kommt, dass dieses Buch bereits im Jahre 1946 geschrieben wurde und der Autor sich auf eine wahre Begebenheit bezieht, die er in einer Gestapo-Akte entdeckte.
Es gab tatsächlich ein Ehepaar in Berlin, welches sich zu einem ganz privaten, kleinen Widerstand entschloss und zwei Jahre lang Postkarten in Normschrift mit aufrührischen Texten beschriftete und in fremden Treppenhäusern ablegte, in der Hoffnung auch andere wachzurütteln.
Dieses Wissen macht das Buch für mich noch ergreifender.
Es macht es zu einer Art Denkmal.
Auch wenn dieses Buch dem Leser einiges zumutet,
sollte man sich darum darauf einlassen.